Star Wars lebt, und wie!

„Rogue One“ hab ich mir an einem gemütlichen Vorweihnachtsnachmittag angesehen, gleich am ersten Tag nach der Österreich-Premiere. Lieber Herr Lucas: Man weiß ja nicht, was Ihnen bei Ihren letzten Ausflügen in eine weit entfernte Galaxis so durch den Kopf gegangen ist, aber … So muß Star Wars!
Dem Team rund um Regisseur Gareth Edwards und Autor John Knoll ist es gelungen, aus dem Korsett der bisherigen Filmreihe auszubrechen, dennoch aber zu 100% in der bekannten Welt des Star Wars Universums zu bleiben. Keine Rolle spielen die Jedi oder die Familienverhältnisse der Skywalkers. Dafür knüpft der Film zeitlich so eng an „Episode IV - eine neue Hoffnung“ an, daß man die letzte Szene von „Rogue One“ und die erste der 1977 gedrehten „Episode IV“ nahtlos aneinanderschneiden könnte. Das betrifft nicht nur die zu 100% 1970er-taugliche Optik (grandios vor allem die Schaltpulte im Inneren des Todessterns), sondern auch - Achtung, Spoiler! - die Besetzung (wenn man das Wort überhaupt noch verwenden kann). Einige Rollen, die 1:1 in die Handlung der Episoden IV-VI überleiten, wurden mit computergenerierten Bildern der Schauspieler aus den 1970ern „besetzt“. Vor allem wenn man weiß, daß der entsprechende Schauspieler seit über 20 Jahren tot ist, ist der Effekt durchaus irritierend.
So gut Roge One auch vom Stil her ins vom Imperium beherrschte Universum paßt: Handlung und Grundton brechen, wie erwähnt, durchaus spürbar mit den Hauptfilmen. Die Macht, die Jedi, die Laserschwerter, das ganze „Gut gegen Böse“-Thema werden nur am Rande gestreift. Eigentlich ist Rogue One ein Kriegsfilm, der ohne moralischen Zeigefinger, erst recht ohne religiöse Mythen auskommt. Das ist erstaunlich im Zusammenhang mit einer Filmreihe, die gleich im ersten Teil eine ihrer Hauptpersonen per unbefleckter Empfängnis in die Handlung schickt.
Gleich in den ersten Minuten des neuen Films wird auch klar: Die bisher nicht hinterfragte Annahme, daß die Helden der Rebellenallianz durchwegs herzensgute und moralisch überlegene Kämpfer für Gerechtigkeit sind, war ein Irrglaube. Auch bei den Rebellen definiert jeder für sich, was gut und richtig ist. Ich will nicht behaupten, daß das den Charakteren in diesem doch sehr stark von Explosionen geprägten Film mehr Tiefe verleiht. Es eröffnet den Drehbuchautoren aber die Gelegenheit, Spannung an mehr als nur einer Front (Imperium vs. Allianz) aufzubauen.
Noch einen Punkt gibt es, der mich in seiner Konsequenz beeindruckt hat. Wenn ich den aber jetzt auch noch verrate, kann den Film keiner mehr genießen. Das wär der ultimative Spoiler. :)
Ach ja: Angeblich hat Disney am fertigen Film noch monatelang Änderung vorgenommen und bis zu 40% der Szenen nachdrehen lassen. (Das muß zu einem gewissen Grad stimmen: Die Trailer enthalten manche Szenen, die im Film nicht oder stark verändert zu sehen sind.) Die ursprüngliche Fassung sei noch düsterer gewesen als der nun veröffentlichte Film, man habe das mit dem angepeilten Zielpublikum (noch dazu vor Weihnachten) nicht vereinbaren können. Falls an diesen Gerüchten überhaupt etwas dran ist, will ich unbedingt diese alternative Fassung sehen. :)