Rührend: Amyotrophe Lateralsklerose, freie Software, Bug #78514
Am 30.12.2010 deponierte Adrian Hands ein Codefragment im Bugtracker des Bildbetrachters Eye of Gnome, um den schon etwas älteren Verbesserungsvorschlag mit der Nummer 78514 (Bug #78514) endlich umzusetzen. Einen Tag später wurde die Zeilen von einem Projektverantwortlichen übernommen, der Bug „geschlossen“, wie es heißt. Damit endet üblicherweise die Aktität bei einem solchen Bugtracker-Eintrag. Sofern alles funktioniert gibt es keinen Grund, weiter darüber zu diskutieren.
Nicht so bei Bug #78514. Am 4.2.2011, also nur rund einen Monat nach der technischen Lösung, folgte ein erneuter Eintrag im Diskussionsforum. Sein Autor, Ian Hands, ist der Sohn des Programmierers, der im Dezember den Programmteil zur Lösung des Problems beigesteuert hatte. Ian erzählt:
Sein Vater Adrian litt an Amyotropher Lateralsklerose (ALS), einer tödlichen Nervenkrankheit, die seine Muskeln lähmte und ihm die Benutzung von Maus und Tastatur unmöglich machte. Zuletzt blieb ihm als einziges Eingabegerät für den PC ein Stück Plastik, das er mit dem Knie anstoßen konnte und über das er Morsecode (!) eingab (hier ein Bild). Er hat den Code von Eye of Gnome in erster Linie deshalb verbessert, um das Programm für sich selbst benutzbarer machen. Adrian Hands verstarb am 3.2.2011. Daß seine Verbesserung Aufnahme in die offizielle Version geschafft hat, hat ihn offenbar unendlich stolz gemacht. Aus dem letzten Mailverkehr zwischen Vater und Sohn:
On Sun, Jan 30, 2011 at 12:16 PM, Adrian Hands wrote:
> ACCEPTed > COMMITed > RESOLVEd > BOO-YAH! > […] I have the coolest Dad in the world!
Ian Hands hat diese Geschichte im Bugtracker geschrieben, um sich zu bedanken: I would like to extend my thanks to the gnome team/community for a great last moment with my dad.
Sein kompletter Text ist hier nachzulesen.
Ich geb zu, ich war zu Tränen gerührt. Adrian Hands' Begeisterung, die ihn kurz vor dem sich abzeichnenden Tod das Programm verbessern, mehr noch, seine Verbesserung mit der Welt teilen ließ … Die Tatsache, daß er das alles per Morsecode mit seinem Knie geschafft hat … Ians offensichtliches Glück über diesen einen Aspekt der traurigen Geschichte … All das ist Stoff für die große Leinwand. Genau das ist es aber auch, was freie Software ausmacht: die Begeisterung; das Engagement; die Möglichkeit einzugreifen; die ausdrückliche Einladung zu teilen; schließlich die Menschen dahinter, die „Community“. Danke, Ian, daß Du diese persönliche Geschichte so greifbar gemacht hast.
Amyotrophe Lateralsklerose: