Oskar Welzl: Weblog zur Homepage

Hardware und Software



Maemo 5 am N900: Der Launch

Nokia N900Die Presseaussendung, die Maemo-Website, das Werbevideo, die deutschsprachige Produktinformation, … alles ist da. Maemo 5 und das N900 sind somit offiziell angekündigt. (Eine Woche früher als erwartet übrigens.) Um knappe € 600,- (ohne Vertrag) soll das N900 im Oktober in Österreich in den Handel kommen, berichtet die Futurezone.

Ein Größenvergleich auf sizeasy zeigt: Der Ziegel ist nicht von schlechten Eltern. Fast so groß wie ein ausgewachsenes N97, dicker als ein N810, 181g schwer … Cargo-Hosen werden hoffentlich als Zubehör mitgeliefert.

Das GNU/Linux-basierende Betriebssystem präsentiert sich auf der neuen Maemo-Website erstmals in vollem Glanz. Es hat sich im Inneren kaum verändert. Die gleichen Komponenten fanden sich (von wenigen Ausnahmen abgesehen) schon in allen seinen Vorgängern seit dem Nokia 770. Trotzdem ist es kaum wiederzuerkennen. Nokias User Interface Team hat alles weggeschliffen, was nicht nach Smartphone aussieht. Dieser Schritt ist zwar nicht ganz unlogisch (es wäre schwierig, das Ding mit seinem nur noch 3.5 Zoll großen Bildschirm und der dreireihigen Tastatur als echten PC zu verwenden), trotzdem aber nicht unumstritten. Ein auf einen einzigen Anwendungsbereich hin optimiertes User Interface heißt eben auch, daß manches in Zukunft nicht mehr so leicht möglich sein wird auf Maemo-Geräten.

Mit Maemo 5 stirbt übrigens keineswegs „nur“ das UI-Konzept der Tablets (770, N800, N810). Was die wenigsten wissen: Zwar wurde Maemo erst 2004/2005 entwickelt, die wesentlichen Elemente der grafischen Oberfläche kamen aber von den ersten Nokia Touchscreen-Telefonen, die 2003 mit Symbian Series 90 vorgestellt wurden. Ein Teil des Maemo-Konzepts war also bereits einmal auf Telefonen - vor sechs Jahren!

Was mach ich jetzt? Abgesehen davon, daß 600,- Euro sowieso weit jenseits meiner Schmerzgrenze liegen … Abgesehen auch davon, daß ich ein Touchscreen-Telefon nicht brauchen kann, daß das Gerät als Tablet zu klein und als Handy zu groß ist … Soll ich, sobalds leistbar wird? Soll ich nicht? Ich bin hin- und hergerissen. Aus ideologisch-moralischen Gründen müßte ichs mir sofort und auf der Stelle kaufen. Praktisch gesehen kann ichs einfach nicht brauchen. Any Help da draußen? Wie fühlen sich 180 Gramm in der Hose an? :p

Ach ja, kleines P.S.: Nokia beweist Sinn für Humor und sendet einen Gruß an die iPhone-Fans da draußen. Das N900 kann kein MMS. ;)


Ausführlicher Testbericht mit Fotos vom N900 (aka RX-51 aka Rover …)

Kaum schreibt man was über ein sensationelles Erstes Foto vom N900, überrascht Eldar Murtazin schon mit einem ausführlichen Testbericht zum Nokia „N900“ (mit vielen, vielen, vielen Fotos), diesmal gottseidank Englisch.

Abgesehen davon, daß es wirklich viel zu sehen gibt (wer liest schon den Text *g*): Ich glaub, es gefällt ihm. ;)

Der Artikel beginnt übrigens mit einer zwar langatmigen, aber durchaus plausiblen Darstellung der Rollen von S60 und Maemo am zukünftigen Markt. Den Abschnitt kann man überlesen, Eindrücke vom Gerät gibts unten bei den Fotos.


Erstes Foto vom N900 (aka RX-51 aka Rover …)

Foto des RX-51 (© Eldar Murtazin)Eldar Murtazin ist ein Blogger, Journalist und Mobilfunk-Insider. Was er schreibt, hat Gewicht - und auch die Hersteller vertrauen ihm und behandeln ihn bevorzugt. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, daß ausgerechnet er heute in seinem Blog gleich mit drei Bildberichten zum „Maemo 5 Lead Device“ online geht - leider alles auf Russisch. Das ist eine Sprache, die auch mit Google translate nicht wirklich verständlich gemacht werden kann.

Was wir haben ist

  • ein erstes Foto des eingeschalteten Gerätes
  • ein Bericht mit der Bemerkung, es sei das beeindruckendste Gerät des Jahres 2009
  • eine Abbildung der onscreen-Tastatur, die enttäuschenderweise der wenig aufregenden Variante des N810 exakt gleicht
  • ein Hinweis darauf, daß das Gerät nicht N900 heißen, sondern eine nur 2stellige Modellbedeichnung (NXX) tragen wird.

Wir sind also jetzt in der Phase der „leaked images“.

Wie gefällt mir das alles? Ich weiß nicht so recht. Einerseits find ichs durchaus bemerkenswert, daß alle bisher veröffentlichten Mini-Testberichte das Gerät so uneingeschränkt in den Himmel heben. Immerhin ist es das erste GNU/Linux-Telefon von Nokia, da wären gröbere Schnitzer denkbar und eigentlich fast zu erwarten. Andererseits finde ich selbst immer mehr Punkte, die mich irritieren:

Maemo 5 bricht (ohne vernünftigen Grund) mit so vielen gut durchdachten Konzepten der Vorgängerversionen, daß es schon als Betriebssystem schwer auszuhalten ist. Was wir bisher über die Hardware des RX-51 wissen, ist zumindest aus meiner Sicht höchst unerfreulich (kein Steuerkreuz, unbrauchbar eingeschränkte Tastatur, keine Bedienung ohne Berührung des Touch-Screens …). Für mich wirkt das Gerät wie ein Gadget, das für Technik-Journalisten maßgeschneidert wurde, nicht aber für den täglichen Gebrauch. Dazu kommt, daß ich (trotz aller emotionalen Nähe zu Maemo) nicht so recht weiß, wofür ich dieses Ding benötigen würde. Es erfüllt nicht meine Mindestanforderungen an ein Telefon, als Tablet in der Tradition der alten Serie (770/N800/N810) ist es aber ebenfalls nicht mehr zu gebrauchen: zu klein, zu große Bedienelemente am Schirm, zu schlechte Tastatur.

Tja. Mal sehen, was neben dem RX-51 noch so auf uns wartet. An der Gerüchtebörse wurde ja immer von mehreren Maemo-Geräten gesprochen. Ein Touchscreen >4" und eine bessere Tastatur könnten mich gnädig stimmen.


N900 (aka Rover aka RX-51) taucht bei FCC auf

Die Unterlagen zum neuen Maemo Lead Device mit dem Codenamen Rover sind bei der amerikanischen Federal Communications Commission (FCC) aufgetaucht. Thoughtfix hat in seinem Blog darüber berichtet. Inhaltlich gibts wenig Neues: Ein Telefon mit voller Tastatur und allem, was man halt bisher von Maemo-Geräten gewohnt ist. Die zuvor aufgetauchten Gerüchte dürften also allesamt der Wahrheit entsprechen.

Langsam rückt der Markteinführungstermin näher …


Twitter: Test a new Nokia phone based on Maemo

Ich habe Twitter ja immer geliebt. Heute schreibt cneisme, ein - laut eigenen Angaben - automation and performance manger at Nokia:

Test a new Nokia phone based on Maemo - very very nice - I think I have found a Nokia phone that I really like.

Davor, am Samstag:

Playing with/testing a new Maemo device - very nice!

Cneisme wird nicht mehr lange automation and performance manger at Nokia sein nach diesen Veröffentlichungen. Sein Name ist bekannt, er verwendet das gleiche Pseudonym in Nokia-Foren. Egal. Wir wissen wieder mehr: Noch ein Hinweis darauf, daß es tatsächlich ein Telefon ist. Und: Jemand, den das N97 nicht vom Hocker gerissen hat, findet im „Maemofon“ offenbar endlich ein Telefon seines eigenen Arbeitgebers, das er mag. (Ob man sich auf dieses Urteil verlassen soll? Cneisme ist Amerikaner, findet das iPhone gelungen und twittert …)


N900/RX-51/Rover: „Leaked Image“?

Sammlung von Icons aus dem Fremantle-SDKWenn die Informationen fehlen … Gerade eben konfrontiert mich mein RSS-Reader mit der sensationellen Nachricht, es wären leaked images vom lange überfälligen neuen Maemo 5 Lead Device N900 aka Rover aka RX-51 aufgetaucht. Kann ja nicht sein!? Was ist das nun wieder?

Den Text zu lesen war dann geradezu peinlich: In der heute erschienenen neuen Version des Maemo-SDK sind eine Reihe von Icons enthalten, die vielleicht tatsächlich in der Endversion des Betriebssystems zur Anwendung kommen - vielleicht aber auch nicht. (Sie sehen übrigens allesamt sehr S60-mäßig aus.) Eines dieser Symbole soll offenbar das Gerät selbst darstellen: Schon jetzt gibt es in der Systemverwaltung eine schematische Abbildung des Tablets als Icon zum Abrufen von Produktinformationen. So eine ähnliche Funktion könnte dieses Symbol auch in Maemo 5 erfüllen. Noch dazu ähnelt es einem Bild in einer Nokia-Präsentation aus dem Jahr 2008.

Die Fanboy-Gemeinde ist sich also jetzt einig: Diese 96x72 Pixel große schematische Darstellung (es ist ja noch nicht mal ein Foto!) aus dem Icon-Set ist das neue Gerät. So wird es aussehen. Das ist Rover.

Wo sind die Zeiten, als es noch verwackelte Bilder aus Handy-Kameras gab vor einem Produktlaunch?


MPEG4 Dateien bauen mit MP4Box

Irgendwann habe ich angefangen, Videos für mein N800/N810 in MPEG4/AVC (H.264) statt im „normalen“ MPEG4/ASP zu codieren. Das spart zwar nur minimal Speicherplatz und ist eigentlich nicht wirklich eine gute Idee, aber jetzt sind schon mal alle Scripts drauf ausgelegt … also paßts ja. Fast.

Schwachpunkt von H.264 ist nämlich, daß man dieses Videoformat im Gegensatz zu MPEG4/ASP nicht sauber in ein *.avi-File reinbekommt. Es muß schon ein MPEG4-Container her. Diesen zu erzeugen und fertige Audio-/Video-Streams hinein zu muxen war bisher die Aufgabe des Programms mp4creator aus dem MPEG4IP-Paket. Leider litt das an einer entscheidenden Schwäche: Es war voller Fehler und wurde seit 2007 nicht mehr weiterentwickelt. Da ich keine Alternativen kannte, habe ich es trotzdem verwendet. Bis gestern.

Gestern nämlich wurde ich beim Systemupdate darüber informiert, daß MPEG4IP wegen üblen Leichengeruchs im September aus der Gentoo-Programmliste fliegt. Es war also dringend an der Zeit, sich doch nach etwas Neuem umzusehen. Tatsächlich gibt es da jetzt was:

GPAC heißt das Paket, das ich installiert habe. Es stellt das Tool MP4Box zur Verfügung, das in der Anwendung dem alten mp4creator ganz ähnlich ist:

MP4Box -new \
-add videostream.264 \
-add audiostream.aac \
-fps 25.000 outfile.mp4

Diese Befehlszeile erzeugt einen MP4-Container „outfile.mp4“ aus den Dateien „videostream.264“ (enthält die Video-Information) und „audiostream.aac“ (Audio). Zusätzlich lassen sich mit dem Schalter -itags noch rudimentäre Metadaten (Titel etc.) einfügen. (Eine bessere Alternative zur Metadaten-Verwaltung ist aber AtomicParsley.)

Also: Alle Scripts anpassen! - Ob ich bei dieser Gelegenheit überhaupt wieder auf H.264 verzichten soll? Nach so viel Aufwand? Nein, ich bleib dabei und bild mir einfach ganz fest ein, daß es schöner ist. ;)


Neuer Laptop, neues Ubuntu

Dell Vostro A860Mein heiß und innig geliebter Toshiba-Laptop ist zwar noch tadellos, eigentlich. Manchmal bleibt aber der Knubbel (wie heißt der Maus-Ersatz zwischen G, H und B?) hängen und drückt den Mauszeiger ins linke obere Eck. Manchmal bekomme ich auch erst beim zweiten Versuch eine WLAN-Verbindung. (Das kann damit zusammenhängen, daß ich mal auf die PCMCIA-Karte getreten bin, wie er am Boden gelegen ist.) Und ganz ehrlich: Hin und wieder, wenn mehrere Seiten mit Videos geöffnet sind, kommt das ganze System ins Stottern und braucht Minuten, bis es darüber nachgedacht hat, ob es auf die Swap-Partition auslagern, von dort einlagern oder einfach ein Programm abwürgen soll.

Jetzt ist Schluß damit: Mein neuer Mitbewohner kommt von Dell, hat einen Intel Core 2 Duo Prozessor mit 2x 1,8 GHz, 2GB RAM, ein mattes (!) 15,6"-Display und wiegt nur wenig mehr als 2kg. Hui! Das zischt!

Zwar war Windows Vista vorinstalliert (und bleibt auch drauf), ohne freie Software gehts aber nicht bei mir. Es mußte wieder GNU/Linux her. So weit nichts Neues. Allerdings hab ich mich zu einem wilden, aufregenden Experiment hinreißen lassen: Ganz spontan hab ich statt gentoo (das ich seit 2004 auf schätzungsweise fünf oder sechs Rechnern installiert habe) diesmal Ubuntu verwendet - wenns schon alle haben, muß ichs zumindest mal probieren. (Wirklich: Ich hab noch nie in meinem Leben einen Ubuntu-Rechner auch nur gesehen.)

Alles easy, alles cool. Die Installation schnurrt drüber, jede Hardware wird korrekt erkannt, sogar die GNU/Linux-spezifischen Angstthemen „Sondertasten“ (Lautstärke, Helligkeit, …) und „Standby-Modus“ funktionieren klaglos. Das ist nicht selbstverständlich: Aktuelle Hardware stellt immer ein Risiko dar, Laptops ebenfalls … aktuelle Laptops daher umso mehr. Das einzige Problem, das ich derzeit habe: Der eingebaute Bluetooth-Chipsatz wird von Ubuntu zwar erkannt, aber offenbar falsch angesprochen. Damit kann ich leben. Noch hab ich nicht gesucht, aber irgendwo da draußen wird es eine Lösung dafür geben.

Obwohl sich der Gnome-Desktop unter Ubuntu natürlich nicht von meinen bisher gewohnten gentoo-Systemen unterscheidet, bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich bei Ubuntu bleibe. Gentoo ist weniger eine Distribution als ein Baukasten: Man bekommt eine Anleitung und kann sein System so bauen, wie man es will. Ubuntu dagegen ist schon fertig zusammengesetzt. Das ist ein bißchen so, wie in eine Wohnung einzuziehen, die bis hin zur Besteckschublade fertig eingerichtet ist. Das ist zwar bequem - aber nur so lange, bis man etwas sucht. In der selbst geplanten und Stück für Stück selbst eingerichteten gentoo-Wohnung dagegen weiß man einfach, wo die Dinge sind … weil man sie selbst dort hingestellt hat.

Anyway: Ich hör jetzt auf zu tippen. Das kostet zu wenig Rechenleistung, das hätt ich am alten Toshiba auch machen können. Show me the flicks, honey!


GNU/Linux als Liebestrank: Nokia im Bett mit Intel

Kurz nach 17:00 Uhr sind die Pressemitteilungen bei Nokia und Intel online gegangen: Die beiden Unternehmen verstärken ihre Zusammenarbeit im Bereich „mobile computing“. Zentraler strategischer Bestandteil ist dabei GNU/Linux.

Die Ähnlichkeit in der Entwicklungsarbeit war bisher schon auffällig. Intels Moblin und Nokias Maemo sind zwei auf den mobilen Einsatz hin optimierte Distributionen, die sich hauptsächlich im Bereich User Interface voneinander unterscheiden. Unter der Oberfläche sind wichtige Systembestandteile und Technologien identisch. Auch gab es bereits konkrete Zusammenarbeit bzw. den Austausch von Ergebnissen: Das ofono-Projekt, offiziell eine Kooperation von Nokia und Intel, wird hauptsächlich von Nokias Maemo-Code gespeist und erlaubt Intel den Zugriff auf die Kernkompetenz des finnischen Konzerns, die GSM/UMTS-Technologie. Umgekehrt bediente sich Nokia gerne beim ursprünglich von einer Intel-Tochter entwickelten Clutter Toolkit.

Genau an dieser Stelle, am technischen Unterbau von Moblin und Maemo, soll nun offenbar verstärkt zusammengearbeitet und investiert werden. In der Presseaussendung liest man dazu:

The companies are coordinating their Open Source technology selection and development investments, including alignment on a range of key Open Source technologies for Mobile Computing such as: oFono, ConnMan, Mozilla, X.Org, BlueZ, D-BUS, Tracker, GStreamer, PulseAudio. Collectively, these technologies will provide an open source standards-based means to deliver a wealth of mobile Internet and communication experiences, with rich graphics and multimedia capabilities.

Den aufgezählten Projekten werden die von den zwei Konzernen zur Verfügung gestellten Mittel sicherlich nicht schlecht tun. Wichtiger allerdings: Beide Unternehmen setzen sich das Ziel, ihre Entwicklungen an diesen Projekten zu koordinieren. Ehrenhafte Vision: Was unter Moblin läuft, soll leicht auch auf Maemo portiert werden können (und umgekehrt). Programmierer wirds freuen … und damit auch Konsumenten wie mich.

Weiters erhält Intel von Noka Lizenzen zur Verwendung von Technologien für 3G/HSPA-Geräte. Es wird erwartet, daß Intel diese in Produkten einsetzt, die auf der neuen Moorestown-Plattform basieren. Moorestown soll Intel zum Durchbruch unter anderem auch auf dem Smartphone-Markt verhelfen. Derzeit läuft noch eine Pressekonferenz mit Repräsentanten beider Firmen. Einige Journalisten erwarten, daß dabei noch weitere Details bekannt gegeben werden, vielleicht sogar die Verwendung genau dieser Moorestown-Plattform in zukünftigen Nokia-Produkten. (Das wäre eine mittlere Sensation.) Für mich sind die Hardware-Spekulationen eigentlich nebensächlich. Ob die Chips von Texas Instruments oder Intel kommen, ist mir egal. Die Softwareentwicklung ist das interessantere Thema - und da könnte sich mit der strategischen Partnerschaft zwischen Nokia und Intel doch einiges tun.


Nokia N900 - seit 2005 geplant?

Gerade vorgestern erst gabs die letzten „N900“-Spekulationen hier. Heute weiß man schon wieder Neues rund um das vorläufig „N900“ oder auch „Rover“ genannte Nachfolgemodell des N810, diesmal allerdings eher auf der Meta-Ebene. (Ich seh das alles metaphysisch.)

Peter Schneider ist für das Marketing der Maemo-Software-Abteilung bei Nokia zuständig. Er schreibt vor wenigen Stunden im Userforum so ganz nebenbei:

[…] the influence of Maemo Software will actually grow starting from 1st of June when we will become Maemo Devices, when our hardware, software and product integration folks are joined to one unit being able to work together even better and faster.

Das war bisher nicht bekannt und ist eigentlich eine viel größere Sensation als die „N900“-Gerüchte: Ab 1.6.2009 organisiert Nokia um. Statt der bisherigen Abteilung für Maemo Software, die die Plattformentwicklung für die Tablet-Reihe vorangetrieben hat und nicht mit Hardware-Designs betraut war, gibt es eine neue Abteilung „Maemo Devices“. Plural. Inklusive Hardware und Produktintegration.

So etwas tut man nicht, wenn man einfach nur einer seit 2005 existierende Produktserie für einen kleinen Nischenmarkt ein weiteres Modell hinzufügen möchte. Umorganisationen sind immer teuer und unangenehm. Die führt man durch, wenns auch was bringt. Womit wir wieder bei der Rolle wären, die die Plattform Maemo bei Nokia in Zukunft spielen wird - und bei der Frage, ob es wirklich nur ein „N900“ oder womöglich gleich mehrere Geräte (siehe RX-71) geben wird.

Nach den Diskussionen der letzten Tage, die ich mit Nokia-Mitarbeitern (und vor allem mit Ex-Nokia-Mitarbeitern) geführt habe, bin ich ziemlich sicher:

  1. Es wird mehr als ein Gerät geben.
  2. Nokia wird versuchen, auf Basis von Maemo eine Geräteklasse oberhalb von Symbian/S60 (und in direkter Konkurrenz zu Android) zu positionieren.
  3. Das alles war seit 2005 so geplant. Sie haben es uns auch gesagt, aber keiner hat zugehört.

Die Chronologie liest sich im Nachhinein wie ein langweiliger Krimi: vorhersehbar ab der ersten Seite.

  • November 2005: Nokia bringt ein auf GNU/Linux basierendes „Internet Tablet“ auf den Markt. Es ist das erste Gerät mit der auf Debian basierenden Distribution Maemo. Nokia verzichtet zum völligen Unverständnis aller damaligen Marktbeobachter auf vieles, was man als selbstverständlich erachtet hätte: GSM-Telefonie, Office-Unterstützung, Termin- und Kontaktverwaltung … auch in den folgenden Produktiterationen werden diese Features nicht nachgereicht, obwohl Nokia sowohl das Know-How als auch portierbaren Programmcode im Haus hat. Verkaufsziel im Business Case: 2.000 Stück. (Aufgrund von Lieferschwierigkeiten und später bekannt gewordener Stückzahlen liegt nahe, daß dieses Verkaufsziel um ein Vielfaches überschritten wurde. Konkrete Zahlen nennt Nokia nicht.) Technikjournalisten sind ratlos, können das Gerät nicht einordnen und erkennen keinen Platz dafür in der Gesamtstrategie von Nokia. Trotz der geringen Stückzahl investiert Nokia laufend in die Software: Zwei große Versionen von Maemo erscheinen für das 770, daneben einige kleine Bugfix-Releases.
  • Jänner 2007: Das N800 wird vorgestellt. Es bietet mehr Rechenleistung, vor allem aber auch eine auf Multimedia-Anwendungen hin optimierte Hardware. Softwareseitig erscheint eine dritte Maemo-Version. Noch immer sehen Fachjournalisten den Sinn des Nokia-Engagements in diesem Bereich nicht. Vor allem die offensichtlichen Lücken im Leistungsumfang auch dieses Geräts (z.B. PDA-Funktionen) stoßen auf zunehmendes Unverständnis.
  • November 2007: Markteinführung des N810. Es ist etwas kleiner als das N800, hat GPS, eine aufschiebbare Tastatur und ein deutlich besseres Display. Die vierte Version von Maemo erscheint. Im Zuge der Produktpräsentation beantwortet Anssi Vanjoki, Executive Vice President, die Frage nach dem kommerziellen Erfolg mit: Selling units wasn't the point. Er hätte ruhig konkreter werden können, externe Schätzungen gingen 2007 von rund 300.000 verkauften Exemplaren aus. (Zur Erinnerung: geplant waren 2.000 für das 770, wahrscheinlich kaum mehr für das N800.) Tatsächlich hat er damit zum ersten Mal ausgesprochen: Nokia ging es bei den Tablets nicht um Markterfolg. Die Existenz der Geräte hatte einen anderen Zweck. (Ich kann mich auch nicht erinnern, daß das Unternehmen die Geräte je aktiv vermarktet hätte.) Bekannt wurde Anssi Vanjoki aber mit einem anderen Zitat aus diesen Tagen: Das N810, sagte er, sei die dritte von fünf Etappen auf dem Weg zu einem wirklich massenmarkttauglichen Gerät auf Maemo-Basis. (Die Formulierung Step three of five hat dazu geführt, daß Maemo-User immer wieder erklären, sie würden auf Step Seven of Nine warten. So viel nochmal zu Tablets und Star Trek.)
  • Jänner 2008: Trolltech, die Firma hinter Qt, wird von Nokia übernommen. Qt ist unter anderem ein System zum Erstellen von grafischen Benutzeroberflächen, hilft aber auch sonst bei der Programmentwicklung. Es ist in der GNU/Linux-Welt beliebt, kann aber auch plattformübergreifend eingesetzt werden. Arbeiten zur Integration von Qt in Maemo sind im Laufen.
  • Mai 2008: Nokia „kauft“ sich eine Community und beginnt mit massivem Personalaufbau. Während weltweit Niederlassungen geschlossen und Mitarbeiter in Scharen gekündigt wurden, gibt es vom zweiten Quartal 2008 bis heute praktisch ununterbrochen offene Stellenausschreibungen für GNU/Linux-Entwicklerjobs in Kalifornien, Indien und Finnland. Die externe Community hat man sich buchstäblich erkauft: Neue Infrastruktur für das Community-Portal maemo.org, bezahlte Reisekosten für Community Summits, fünf von Nokia bezahlte, aber von der Community kontrollierte Vollzeit-Mitarbeiter, … Geld scheint überhaupt keine Rolle mehr zu spielen.
  • September 2008: Während des Maemo Summits wird erwähnt, daß die Arbeiten an der angekündigten neuen Version von Maemo (Codename: „Elephanta“) abgebrochen wurden. Beobachter vermuten: Damit wurde auch ein weiteres Tablet, „Step four of five“, übersprungen und alle Energie in das neue Projekt „Fremantle“ (Maemo 5) investiert.
  • Oktober 2008: Qt für Symbian/S60 wird vorgestellt. Plattformübergreifende User-Interface-Elemente, die sowohl unter Maemo als auch unter S60 funktionieren, sind damit erstmals greifbar nahe.
  • Dezember 2008: Nokia-Manager Ukko Lappalainen erklärt in einem Interview: In the longer perspective, Linux will become a serious alternative for our high-end phones. - Gefragt, ob er damit Android meint, antwortet Lappalainen: I don't see anything in Android which would make it better than Linux Maemo.
  • Mai 2009: Intel und Nokia veröffentlichen den gemeinsamen, freien, GPL-lizensierten Software-Stack ofono für Mobiltelefonie unter GNU/Linux. Der Nokia-Anteil des Codes, so heißt es, stamme direkt aus dem Maemo-Projekt. Die naheliegende Frage, ob Maemo denn nun doch mit Telefonie-Fähigkeiten ausgestattet wird, beantwortet Peter Schneider mit: Maemo Software is an R&D unit in Nokia meaning that we work on all kinds of things in research and on engineering level. Whether we go the last mile and bring our work into a product that you could buy depends on for what portfolio segment we use Maemo software.. Das haben alle damals geglaubt! Da sagt ein von der Wirtschaftskrise gebeuteltes Unternehmen: „Ach, wir forschen halt mal so rum, programmieren hier was und da was, aber ob wirs jemals in einem Produkt vermarkten, ach, wer weiß das schon.“ - und die Leute glauben es!
  • Juni 2009: Nokia gründet die neue Abteilung Maemo Devices.

Ich gebs zu: Bei der Erwähnung des „Five Step“-Plans hab ich mir schon irgendwie gedacht: Ja, ja, red’ du nur. Three of five, Seven of Nine, alles Humbug. Ein Plan, der 2005 beginnt, Ende 2007 bei Schritt drei angekommen ist und dann wann bitte genau das Stadium eines fertigen Produktes erreichen soll? In einem Geschäft, in dem die Produkte schneller altern als die Milch beim Billa? Eine ganze Produktserie, die de facto nur als großes Versuchslabor angelegt war und mit einem geplanten Absatz von 2.000 Stück fürs erste Modell gestartet wurde? Das kann niemand glauben. Da war ich beim Kopfschütteln wohl in guter Gesellschaft. (Die Zahlen bzgl. geplanter und tatsächlicher Verkaufszahlen stammen übrigens aus dem Artikel Nokia, the N810 Tablet & the Long View von Alistair Croll.)

Wenn die Infos aber tatsächlich zutreffen, die wir derzeit bezüglich des angeblichen N900 und einer neuen „Maemo Devices“-Abteilung bei Nokia haben, dann scheint das alles rücklickend plötzlich völlig plausibel und logisch: Man hat die Tablets bewußt klein gehalten (keine PDA-Funktion, keine Sprachtelefonie), um mit einer überschaubaren Menge technikaffiner Kunden Möglichkeiten der kommerziellen Nutzung freier Software zu erproben. Tatsächlich hat Nokia viel gelernt, es gab Höhen und Tiefen im Projekt und einige unvorhergesehene Kurswechsel. Unter Umständen ist das, was nun durchgesickert ist, bereits „Step 5“. Vielleicht auch erst der vermeintlich übersprungene „Step 4“. Egal was: Die Finnen ziehen ihren Plan aus dem Jahr 2005 durch. Das nenn ich Konsequenz!




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