Politik und Gesellschaft
neuere Einträge ...Türken brauchen gleichgeschlechtliche Orientierung
Vor allem türkische Buben [brauchen] zuerst gleichgeschlechtliche Orientierung […], um erfolgreich zu sein.
OK, in dem Artikel geht es um die Idee von reinen Ausländer-Klassen an Pflichtschulen. Brinek bezieht ihre Aussage auf die Annahme, daß männliche Jugendliche türkischer Herkunft es unter Umständen als Kulturschock empfinden könnten, wenn in der Schule eine Frau „der Boss“ ist. Trotzdem: Die Formulierung von der für den Erfolg notwendigen (!) „gleichgeschlechtlichen Orientierung“ bei männlichen Türken ist einfach unbezahlbar. Liest über solche Texte keiner drüber, bevor sie veröffentlicht werden? Oder deutet sich hier ein zartes Umdenken in der ÖVP-Familienpolitik an?
Bono, Eliminate DRM! (@ defectivebydesign.org)
Eine der ersten Aktionen ist eine Petition, in der Bono gebeten wird, das Anliegen öffentlich zu unterstützen. (Meine Unterschrift ist schon mit dabei.)
Außerdem gibt es eine kleine, feine Auswahl an modischen Leiberln, die leider derzeit noch nicht an Adressen außerhalb der USA verschickt werden. Ich hab aber nachgefragt und die Auskunft erhalten, daß man schon bald einen weltweiten Versand anbieten möchte.
Interessant ist die Kampagne vor allem auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über die Anti-DRM-Klausel im Entwurf für die GPL 3, die vor allem von der ideologiebefreiten „Open Source“-Szene (inklusive Linus Torvalds) heftig kritisiert wird. Ich interpretiere die für FSF-Verhältnisse erstaunlich volksnahe „Defective By Design“-Kampagne durchaus auch als einen Versuch, Sympathien für diese (aus meiner Sicht dringend notwendige) Anti-DRM-Klausel zu gewinnen.
SWIFT-Schlappe für Bush & Co.
Der Großteil der Geldflüsse der Terrororganisation Al Kaida läuft allerdings nach Meinung von Experten nicht über den internationalen Finanztransfer, sondern über das alte islamische Überweisungssystem Hawala. Dieses Netzwerk beruht auf Vertrauen und wird ohne Buchführung bewältigt.
Mit anderen Worten: Das Imperium kontrolliert die Zahlungen über das offizielle internationale Bankenwesen und weiß einfach nicht, daß Rebellen keine Zahlscheine ausfüllen. Blöd, so ein bisserl kultureller Egozentrismus
.
Telekom-Liberalisierung: Der Schuß in den Ofen
Eine aktuelle Studie der Arbeiterkammer zeigt: Seit 1998 ist die Gesamtanzahl der Beschäftigten im Telekom-Bereich gesunken, Tendenz weiter fallend. Parallel dazu gehen, und das ist besonders erschreckend, die Investitionen zurück. Wir erinnern uns: Man hatte uns versprochen, daß durch Liberalisierung und Privatisierung der Konkurrenzkampf entfacht würde. Dieser Konkurrenzkampf sollte, so die Politik damals, über Investitionen in neue Produkte und Technologien geführt werden und damit viele neue, bunte Arbeitsplätze schaffen.
Daß ein weiteres Versprechen bezüglich der Liberalisierung, nämlich sinkende Kosten, nicht eingehalten wurde, habe ich in diesem Blog bereits einmal erwähnt: Schon 2001 war einer Veröffentlichung der Statistik Austria zu entnehmen, daß die privaten Haushalte rund doppelt so viel für Telekommunikation ausgeben wie vor der Liberalisierung.
Im Ergebnis bedeutet das: Die Konsumenten zahlen deutlich mehr als früher, die dadurch steigenden Umsätze kommen aber ausschließlich den Unternehmen und ihren Aktionären zugute. Es gibt keinen Wettbewerb über Innovation und Qualität, die Investitionen (und damit auch die Servicequalität) gehen zurück und die Anzahl der Beschäftigten sinkt kontinuierlich.
Es war mir ein Bedürfnis, diesen Kurzüberblick am Tag des Börsegangs der gelben Post zu geben. Schließlich stehen wir ja auch in diesem Sektor vor einer „Liberalisierung des Marktes“.
Schwulenfeindliche Gewalt in Moskau
Eine aktuelle Bestätigung für die Notwendigkeit einer solchen Unterstützung stellen die aktuellen Agenturmeldungen über einen brutalen Übergriff während der heutigen Schwulen-Demonstration in Moskau dar:
Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im deutschen Bundestag, Volker Beck, hatte an der Demonstration teilgenommen und wurde vor laufenden Fernsehkameras von etwa 20 Jugendlichen verprügelt. Die Polizei schritt nicht ein. (Bericht unter anderm bei N24)
Der Demonstration kommt besondere Bedeutung zu, da sie von den russischen Behörden verboten worden war. Noch am Freitag hatte Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow erklärt, Schwulenparaden seien in Russland „absolut inakzeptabel“. Gegendemonstranten skandierten heute „Moskau ist nicht Sodom“ und „Ehre für Russland“.
Volker Beck hat das Verhalten der russischen Behörden öffentlich scharf kritisiert, die deutsche Bundesregierung in einer parlamentarischen Anfrage zur Stellungnahme aufgefordert und zur Unterstützung der russischen schwul-lesbischen Bürgerrechtsorganisationen an der nicht genehmigten Kundgebung teilgenommen.
Im Nachhinein tut es mir leid, daß ich bei der oben erwähnten Auktion nicht wirklich mitgeboten und etwas ersteigert habe. Offensichtlich ist das Thema heißer, als uns bewußt ist.
Grüner Parlamentsklub tot?
Sind die seit einem Jahr im Dornröschenschlaf? Oder ist das die Vorstellung österreichischer Parlamentarier vom Dialog mit dem Wählervolk? Was muß man hierzulande tun, um Kontakt mit den Leuten aufzunehmen, die einen doch vertreten sollen?
Rottenbergs kleine Welt
Ich mag Thomas Rottenbergs Kolumne „Stadtgeschichten“ nicht.Ich korrigiere: Ich mag Rottenberg nicht.
Sein neuestes Schauerstück ist nicht einmal mehr (wie von mir damals behauptet) mit Schülerzeitungen zu vergleichen. Die entschuldigen sich nämlich hin und wieder, wenn sie Fehler machen. Rottenberg nicht. Der schaltet auf stur und legt noch eins drauf:
In „Das Kreuzberg Wiens“ schildert er, gewohnt abfällig, seine Sicht einer Demonstration, deren Zeuge er am 1. Mai wurde. Zitat:
… als irgendwer stadtauswärts los rannte. Und weil wenn einer rennt alle nachrennen, brach Hektik aus: Alles rannte, ein Trum flog und plötzlich brüllte jemand, dass das Haus schräg gegenüber vom Balkon der Nachbarin gestürmt werden solle…
Es liegt nicht in der Natur einer rennende Menge „wieso eigentlich?“ zu fragen. Und so standen dann dreihundert Leute vor meinem Nachbarhaus und starrten böse auf die davor hektisch aufgezogenen Polizistenreihen in Riot-Outfit.
Nun, die Demo-Teilnehmer gehören zum Kreis der standard.at-Leser und finden, daß die Sache ganz anders war. Im Forum beschreiben mehrere Postings schlüssig den wahrscheinlich wahren Ablauf:
Ein paar Leute hatten ein Transparent am AMS aufgehängt, beim Rausgehen aus dem Nebenhaus werden sie von der Polizei perlustriert ⇒ Demo glaubt Leute sind verhaftet und rennen hin, ein paar Leute werfen Plastikflaschen ⇒ Irgendein Polizist bleibt nicht ganz cool und setzt Tränengas ein ⇒ Situation beruhigt sich nach ein paar Minuten wieder ⇒ Demo zieht weiter.
Ganz gegen seine Gewohnheit reagiert Rottenberg dann in „Offene Mailfragen“ zum Schein auf die Kritik. Wiederholt das ursprünglich Geschriebene, erwähnt die Richtigstellungen mit keinem Wort, erklärt die Teilnehmer an der Kundgebung kurzerhand zum seit Jahren gleichen Demo-Universalpersonal
und die ganze Geschichte inklusive der empörten Reaktion zum Ergebnis einer Wette. Er schreibt über die Autoren der kritischen Postings auf derstandard.at:
Keiner wollte – oder konnte – das Wort „Lüge“ durch Fakten untermauern. Das macht durchaus Sinn: Wahr darf und kann schließlich nur sein, was der eigenen Weltsicht dient. Der Rest würde zum Nachdenken führen.
Das von mir oben zitierte Posting war zu dieser Zeit natürlich bereits online, so wie andere mit ähnlichem Inhalt. - Wie war das noch gleich? Wahr darf und kann schließlich nur sein, was der eigenen Weltsicht dient. Der Rest würde zum Nachdenken führen.
Verfassungswidrige Gewinnsucht
Zur Erinnerung: Im Zuge der „Wir sind so jung, dynamisch, flexibel"-Reformen der „Es lebe der freie Markt“-Fuzzis wurde unter anderem beschlossen, daß die Post nun nicht mehr dazu da ist, um Briefe zuzustellen. Sie soll vielmehr Geld verdienen. Und das sollen möglichst viele Post-Firmen auch, nicht nur die Post. Und damit die alle ihre Werbung Briefe auch einwerfen können, war vorgesehen, daß bis 1.7.2006 alle Hausbrieffach-Anlagen der alten, geschlossenen Bauweise gegen neue, frei zugängliche ausgetauscht werden sollten.
Das Konzept hatte eine Reihe von Vorteilen: Die Hersteller der Briefkästen machen Kohle („Es lebe der freie Markt!“), jeder kann sich die Post seines Nachbarn ansehen und, vor allem, die Hausbesitzer (und damit die Mieter) zahlen die Anfangsinvestitionen für die neuen Post-Firmen, damit die (ja, es lebe der freie Markt!) auch möglichst schnell Gewinne schreiben können.
Der VfGH war nun aber doch anderer Ansicht: Irgendwie schien es den Herren dort nicht einsichtig, warum die für die sogenannte Liberalisierung notwendigen Investitionen nicht von denen getragen werden können, die dann auch die Profite einfahren. Im „öffentlichen Interesse“ sei der Austausch der Briefkästen jedenfalls nicht, meint der VfGH, sondern nur im Interesse der „Anbieter von Postdienstleistungen“. Schau an. Das ist das, was seit der Ankündigung dieser Regelung in allen Online-Foren gepostet wird.
Mit etwas Hausverstand hätte man das vielleicht auch im Infrastrukturministerium erkennen können. Und zwar rechtzeitig, bevor 50% der Hausbesitzer die Anlagen austauschen. Die bekommen nämlich für die entstandenen Kosten nun keinen Ersatz. Die Mietervereinigung prüft die Möglichkeit einer Amtshaftungsklage gegen Minister Gorbach, da einigen Mietern die Kosten für die neuen Brieffachanlagen bereits vorgeschrieben wurden.
Sowohl die Entscheidung des VfGH als auch den (deutlich kürzeren und verständlicheren) Pressetext dazu gibts als PDF zum Download.
Skype gegen Dalai Lama
Was derstandard.at verschweigt: Die Praxis ist weit verbreitet und eigentlich kaum erwähnenswert. Microsoft, Google und Yahoo! haben ähnliche Mechanismen eingebaut, und zwar einfach deswegen, weil die chinesische Rechtslage es erfordert. Es wäre für Unternehmen gar nicht möglich, am lukrativen chinesischen Markt tätig zu sein, ohne diese Gesetze zu beachten. Und im Kampf Geld gegen Moral hat noch immer die Moral verloren.
Eines zeigt die Meldung aber deutlich: Wie wichtig es ist, sich nicht zur Gänze kommerziellen Services auszuliefern, deren Technologie von einzelnen Unternehmen kontrolliert wird. Offene Standards bieten nicht nur Freiheit bei der Wahl der Software und des Providers, sondern auch die Freiheit von staatlicher Verfolgung und Freiheit der Meinungsäußerung.
Es geht besser, besser, besser …
Zum Beispiel hat Paul Lendvai für einen Artikel im Standard folgende Zahlen recherchiert:
Das Nettoeinkommen des unteren Fünftels der Amerikaner erhöhte sich zwischen 1979 und 2003 nur um 4 Prozent, das des mittleren Fünftels um 15 Prozent, des oberen Fünftels jedoch um 54 Prozent und jenes der obersten 1 Prozent um nicht weniger als 129 Prozent.
Zwar bezieht sich die Statistik auf die USA, ich gehe jedoch jede Wette ein, daß die Tendenz in der gesamten westlichen Welt ähnlich ist - auch bei uns. Mich haben die Zahlen zutiefst erschreckt. Eine Einkommenssteigerung von 129% bei den Reichsten, während das untere Fünftel im Schnitt magere 4% mehr zum Leben hat als 1979! Wer diese Entwicklung umkehrt und eine zumindest gleichmäßige Verteilung des Wohlstandswachstums herbeiführt (und zwar ohne direkte Transferleistungen), hat bei jeder Wahl meine Stimme.
Lendvai irrt jedoch, wenn er schreibt: Nun zeigte der Zusammenbruch des "real existierenden Sozialismus" östlich der Elbe, dass es keine Alternative zum Kapitalismus gibt.
Es gibt alternative Gesellschaftsmodelle jenseits des Plattenbaus!
Im Valente-Song aus den 50ern heißt es übrigens: „Es geht glatter, glatter, glatter, immer glatter, glatter, glatter, wenn’s noch glatter geht, dann rutschen wir bald aus." - Wenn die Kluft zwischen den Reichen und Armen weiter wächst, kann unser gesamtes System „ausrutschen“. Vielleicht hat es sogar schon zu torkeln begonnen.