Politik und Gesellschaft
neuere Einträge ...2x Stallman
In dem sehr ausführlichen Interview mit ZNet spricht Stallman über die Geschichte des GNU-Projektes, den Zufall mit dem Linux-Kernel, aber auch über Themen wie Kapitalismus, Globalisierung, Faschismus und Softwarepatente. Zitate:
Über Faschismus:
Fascism is a system of government that sucks up to business and has no respect for human rights. So the Bush regime is an example, but there are lots of others. In fact, it seems we are moving towards more fascism globally.
Über Globalisierung:
Globalizing a bad thing makes it worse. Business power is bad, so globalizing it is worse. But globalizing a good thing is usually good. Cooperation and sharing of knowledge are good, and when they happen globally, they are even better.
Über den Wohlfahrtsstaat:
We have had a lot of social mobility, class mobility, in the United States. […] However, I don't believe that you can use social mobility as an excuse for poverty. If someone who is very poor has a 5% chance of getting rich, that does not justify denying that person food, shelter, clothing, medical care, or education. I believe in the welfare state.
Über nicht-freie Dokumentenformate (mein Lieblingszitat):
When you send someone a ".doc' file, a "Word' file, or an audio or video file in RealPlayer or Quicktime format, you are actually pressuring someone to give up their freedom. […] Once I put my coat over a camera before giving my speech, when I learned it was webcasting in RealPlayer format.
In seinem Artikel Can You Trust Your Computer?, der in einer (etwas holprigen) deutschen Übersetzung verfügbar ist, schildert Stallman eindringlich die Gefahren des von der Industrie propagierten „Trusted Computing“, das er selbst als „Treacherous Computing“ bezeichnet. (treacherous: heimtückisch, verräterisch, betrügerisch)
Solche Systeme, die angeblich ja nur vor Viren schützen sollen, können schrittweise die Kontrolle über den gesamten Computer übernehmen und dem Benutzer sogar das Öffnen seiner eigenen Dokumente verwehren. Noch dramatischer in diesem Zusammenhang sind die Gesetzesinitiativen, die durch Lobbying-Arbeit der Software- und Content-Industrie zustande kommen und zum Ziel haben, die „Treacherous Computing“-Infrastruktur per Gesetz zur verpflichtenden Ausstattung jedes PCs zu machen. Damit würde schließlich auch die Wahl eines freien Betriebssystems unmöglich, GNU/Linux wäre Geschichte.
Frankreich: Apple & Microsoft verwirklichen „Fahrenheit 451“
Fahrenheit 451 spielt in einer Welt, in der es als schweres Verbrechen gilt, Bücher zu lesen oder sogar zu besitzen. Die Gesellschaft wird vom politischen System abhängig, anonym und unmündig gehalten.
So beschreibt Wikipedia den Film Fahrenheit 451 von François Truffaut. Frankeich arbeitet hart an der Verwirklichung dieser Vision auf digitaler Ebene:
Die Business Software Alliance (BSA) mit Konzernen wie Microsoft und Apple an der Spitze sowie die Rechteverwertungsagentur SACEM haben durch gemeinsames Lobbying ein Gesetz zustande gebracht, das noch vor Weihnachten beschlossen werden soll und Informationsaustausch praktisch völlig unter die Kontrolle der großen Konzerne stellt. Verpflichtendes DRM für Online-Radios, mehrjährige Haftstrafen für das Aushebeln von Kopierschutzmaßnahmen sowie ein univerelles Filtersystem bei Internet-Providern zur Suche nach geschütztem Material sind nur einige der Inhalte.
SACEM hat in einer Aussendung Programmierer freier Software bereits darauf hingewiesen, daß sie ihre Lizenzbedingungen ändern müssen: Der frei zugängliche Quellcode läßt sich nicht mit dem neuen Gesetz vereinbaren. Dieses verlangt nämlich von Softwareherstellern auch, daß die Übertragung (!) geschützten Materials zu unterbinden ist. Mit anderen Worten: Firefox müßte beispielsweise einen Filter einbauen, der bei jeder HTTP-Verbindung zuerst überprüft, ob die angeforderte Datei nicht durch digitale Mechanismen geschützt ist und den Download gegebenenfalls abbrechen. Das Funktionieren eines solchen Filters läßt sich bei quelloffener Software natürlich niemals garantieren.
Eine Unterschriftenaktion gegen das Gesetz gibt es hier, detailliertere Hintergrundberichte auf netzpolitik.org, bei der Free Software Foundation und natürlich auch auf heise.
Sony Again: Diesmal MediaMax-Kopierschutz
Laut Sony sind nur Audio-CDs betroffen, die in den USA und Kanada verkauft wurden… Wie stand das noch mal in dieser Studie des Center for Economic and Policy Research? Das US-System zum Schutz des sogenannten „geistigen Eigentums“ verursacht durch Marktbehinderung und Mehraufwand jährliche Mehrkosten von etwa 80-120 Milliarden Dollar.It has come to our attention that a security vulnerability may exist with regard to SunnComm MediaMax Version 5 content protection software contained on certain SONY BMG compact discs.
To address this potential security issue, SunnComm has made available a software update. This update can be downloaded at: www.sunncomm.com/support/updates/updates.asp.
We encourage you to run this update on any computer that you think has played a SONY BMG CD with SunnComm MediaMax software.
Merke: Weltcafé
Gestern hat mich der ORF freundlicherweise auf das Weltcafé in der Schwarzspanierstraße 15 aufmerksam gemacht. Frühstück um € 4,80, das kann ich mir leisten.
Zuerst Verbrechen, dann Gefängnis? Lächerlich!
You can’t allow somebody to commit the crime before you detain them.
Man kann also nicht erst warten, bis jemand ein Verbrechen begeht. Ach was! Alt-Europäischer Firlefanz! Rechtsstaatlicher Humbug! Man muß die Kerle einbuchten, noch bevor sie was anstellen!
Beängstigend, daß man sich so etwas mittlerweile öffentlich zu sagen traut. Obwohl: Ich stell’ mir grad vor, sie hätten auch George W. Bush eingesperrt, bevor er losgeschlagen konnte … Vielleicht ist die Idee von Frau Rice doch nicht so ganz daneben?
Schweizer Sonntagsöffnung: „Chasing a Spurious Starlight“
Mir fällt dazu der Vers aus der Originalfassung des Musicals Chess ein, in dem es heißt:
It’s the weak who accept
Tawdry untruths about freedom
Prostituting themselves
Chasing a spurious starlight
Trinkets in airports sufficient to lead them astray
Buy Nothing Day
15 Prozent der Weltbevölkerung beanspruchen 79 Prozent aller Reichtümer, während sich die große Mehrheit mit dem Rest bescheiden muss. Speziell der Stress und der Einkaufswahn in der Vorweihnachtszeit wirft ein bezeichnendes Schlaglicht auf die ungerechte Verteilung in unserer Welt.
Doch man kann etwas dagegen tun: Der „Kauf-Nix-Tag“ zeigt es vor! 24 Stunden Einkaufsmoratorium, 24 Stunden kein Geldausgeben.
Ich bin edel und gut und unterstütze diese Aktion. Außerdem nimmt es mir das schlechte Gewissen, das sich langsam aufbaut: Nicht mal mehr ein Monat bis Weihnachten, und ich hab noch nicht mal über Päckchen nachgedacht.
Aufruf zum zivilen Ungehorsam: Instant Blitz
Besonders charmant finde ich das Instant Blitz Copy Fight Project. Es ruft dazu auf, im Kino die Anti-Piracy-Hinweise am Beginn der Vorstellungen mit Blitz (!) abzufotografieren und das Bild über die Uploadsite der Galerie direkt hochzuladen. Wäre fast Grund genug für mich, mir extra dafür eine Kamera mit Blitz zu besorgen.
Mitmachen und vor allem: Auf die Website des Projektes verlinken! Weitersagen!
Sony: Die Chronologie des Bösen
31.10.2005: Mark Russinovich postet in seinem Weblog einen Artikel über eigentümliche Phänomene auf seinem PC. Er führt diese nachweislich auf die von Sony in den USA verwendete Kopierschutz-Technologie XCP der Firma First 4 Internet zurück. Sony setzt diese Software ein, um das digitale Kopieren der Audio-CDs einzuschränken. Russinovich weist nach, daß die Software sich dauerhaft auf dem PC installiert, ständig im Hintergrund aktiv ist und dabei die Geschwindigkeit reduziert, zu Abstürzen führt und vor allem ein Sicherheitsrisiko darstellt: XCP manipuliert Windows so, daß Trojaner leichtes Spiel mit dem Rechner haben und sich unerkannt einnisten können. All das geschieht ohne Wissen und Zustimmung des Konsumenten. Besonders ärgerlich: Es gibt keine Möglichkeit, diese Software manuell zu entfernen, ohne die Systemstabilität noch weiter zu beeinträchtigen. Zu Recht wird XCP in den Medien daher als Rootkit bezeichnet.
4.11.2005: In einem weiteren Weblog-Eintrag beschreibt Mark Russinovich, daß XCP trotz anders lautender Beteuerungen von Sony „nach Hause telefoniert“, also Daten über Aktivitäten des PC-Benutzers an Sony sendet. Er weist außerdem darauf hin, daß Sony mittlerweile zwar ein Programm zur Deinstallation des Rootkits bereit hält. Die Firma versendet den Link zum Download aber nur auf Anfrage und nur, nachdem der Konsument seine Daten bekannt gegeben und der Verwertung seiner E-Mail-Adresse für Marketing-Zwecke zugestimmt hat. Das Deinstallationsprogramm ist laut Russinovich unsauber programmiert und kann die Systemstabilität gefährden.
Am gleichen Tag gibt Thomas Hesse, Präsident der Global Digital Business-Abteilung bei Sony, ein Interview für NPR Radio, in dem er wörtlich erklärt: Most people, I think, don't even know what a rootkit is, so why should they care about it?
9.11.2005: Nach den technischen Katastrophen werden nun die juristischen bekannt. Die EFF weist auf verschiedene Fallen im Endbenutzer-Lizenzvertrag hin, der per Mausklick vom Konsumenten bestätigt und angenommen werden muß, bevor die Audio-CD unter Windows abspielbar ist. Unter anderem erlischt das Recht auf eine Privatkopie, sobald man nicht mehr im Besitz der Originals ist - also auch dann, wenn einem die Original-CD gestohlen wurde. Es ist auch nicht gestattet, die mit der CD das Heimatland zu verlassen. (Keine Fahrten also über’s „Deutsche Eck“ mit Sony-CDs im Gepäck.)
10.11.2005: MacInTouch veröffentlicht einen (mittlwerweile offenbar gelöschten) Artikel über die Tatsache, daß ein mit XCP vergleichbares System mit dem Namen MediaMax von Sony auch auf Mac OS X eingesetzt wird. Die Details finden sich noch auf groklaw.
In den USA äußert sich ein Mitglied der Bush-Administration zu dem Fall: Stewart Baker, Assistant Secretary for Policy des Department of Homeland Security (und das sind sicher nicht die, die in besonderem Maße für Freiheit und Bürgerrechte kämpfen), rügt die Vorgehensweise von Sony mit den Worten: It’s very important to remember that it’s your intellectual property - it’s not your computer.
Das niederländische Magazin Webwereld behauptet, daß im Quellcode von XCP Teile des Programms LAME gefunden wurden. LAME ist Freie Software und unterliegt der LGPL. Da der LAME-Quellcode nicht zugänglich ist (wie es die LGPL verlangen würde), hätten Sony bzw. First 4 Internet in diesem Fall auch eine Lizenzverletzung zu verantworten.
11.11.2005: In diesem Artikel berichtet derstandard.at über den ersten Trojaner Ryknos.A, der die von Sony eröffnete Sicherheitslücke tatsächlich ausnutzt.
Ein zweiter Artikel kündigt an, Sony wolle den Kopierschutz XCP ab 2006 auch in Europa einsetzen.
12.11.2005: Jason Garms, Sicherheitsexperte bei Microsoft, kritisiert in seinem Weblog das Sony-System und schreibt:
We are concerned about any malware and its impact on our customers’ machines. Rootkits have a clearly negative impact on not only the security, but also the reliability and performance of their systems. […]
We have analyzed this software, and have determined that in order to help protect our customers we will add a detection and removal signature for the rootkit component of the XCP software to the Windows AntiSpyware beta, which is currently used by millions of users.
Damit hat Sony nun sowohl die Regierung Bush als auch Microsoft gegen sich. Was kann man mehr erreichen?
14.11.2005: Ed Felten und Alex Halderman veröffentlichen in Feltens Blog eine Warnung vor dem von Sony mittlerweile bereitgestellten Deinstallationsprogramm: Es würde weitere Sicherheitslücken beinhalten.
16.11.2005: Der Rückzug beginnt: Sony ruft die noch unverkauften mit XCP ausgerüsteten Audio-CDs aus den Läden zurück. Konsumenten, die bereits eine XCP-CD gekauft haben, können sie gegen ein Exemplar ohne Kopierschutz eintauschen. In einem offenen Brief an seine Kunden versucht Sony eine halbherzige Entschuldigung (We deeply regret any inconvenience this may cause our customers and we are committed to making this situation right.
), stellt sich aber gleichzeitig als Opfer seines Lieferanten dar (This software was provided to us by a third-party vendor, First4Internet.
).
Es kann nur Zufall sein, daß nur kurz vor Beginn der ganzen Geschichte, nämlich im Oktober 2005, eine Studie des Center for Economic and Policy Research erschienen ist, aus der hervorgeht, daß das US-System zum Schutz des sogenannten „Geistigen Eigentums“ durch Marktbehinderung und Mehraufwand zu Mehrkosten von etwa 80-120 Milliarden Dollar pro Jahr führt und in höchstem Grade ineffizient ist. Ach. Schau an.
WienWahl 05: Nichtwähler
Partei | Stimmen | Prozent |
SPÖ | 328.510 | 28,76% |
FPÖ | 99.713 | 8,73% |
ÖVP | 125.610 | 11,00% |
Grüne | 98.284 | 8,61% |
KPÖ | 9.817 | 0,86% |
BZÖ | 7.720 | 0,68% |
Sonstige | 413 | 0,04% |
Ungültig | 14.659 | 1,28% |
Nichtwähler | 457.400 | 40,05% |
Meinungsforschern zufolge war der am zweithäufigsten genannte Grund für das Nichtwählen:
Meine Stimme kann ohnehin nichts verändern.Nun, mit den Stimmen der Nichtwähler hätten es sowohl Grüne, FPÖ als auch ÖVP knapp an bzw. über die absolute Mehrheit schaffen können. Wenn das gemeint ist mit
nichts verändern können, dann haben wir es doch mit einer leicht verzerrten Wahrnehmung der Wirklichkeit zu tun.
Apropos: Im ORF-Fernsehen wurde über die Motive berichtet, die Menschen zur Wahl der einen oder anderen Partei bewegten. 5% (in Worten: fünf Prozent!) der ÖVP-Wähler gaben dabei an, ihre Wahlentscheidung
aus Kritik an der Bundesregierunggetroffen zu haben. Habe ich da etwas falsch verstanden?